Tageslicht fördert die Leistungsfähig von Schülern. (Foto: © iStock/Lise Gagne)

Tageslicht fördert die Leistungsfähig von Schülern. (Foto: © iStock/Lise Gagne)

Lernen wie zu Kaisers Zeiten

Bessere Tageslichtversorgung sorgt für deutlich bessere schulische Leistungen. Das haben diverse Studien und Untersuchungen belegt.

Insofern wird seitens des Bundesverbandes Sonnenschutztechnik in Österreich bemängelt, dass bei Erweiterung oder Sanierung insbesondere vieler Schulen, die noch aus Kaisers Zeiten stammen und zuvor dank großer Fenster lichtdurchflutet waren, nun häufig die Versorgung mit Tageslicht auf der Strecke bleibt.

Tageslicht ist ein wesentlicher Lernfaktor

"Wer kennt nicht die alten Schulen, deren große Fenster die hohen Klassenräume mit Tageslicht durchfluten. Und dieses Tageslicht ist ein wesentlicher Lernfaktor", so Johann Gerstmann, Sprecher des Bundesverbandes Sonnenschutztechnik in Österreich. Zudem benötigen solche Klassenräume weniger Kunstlicht, dafür umso mehr Heizwärme.

Johann Gerstmann: "Seit ein paar Jahrzehnten leistet man sich im Schulbau jedoch weder den Luxus immenser Heizwärmeverluste noch den Luxus großer Kubaturen. Bei einer Erweiterung oder Sanierung einer alten K+K-Schule bringt man bei gleicher Gebäudehöhe nun drei statt vier Geschoße unter. Zusätzlich werden die Gebäudehülle und damit auch deren Fenster mit entsprechendem Wärmeschutz ausgestattet. Das spart zwar Energie, geht aber zu Lasten der Versorgung mit Tageslicht. Und das wiederum mindert die Vitalität und Leistungsfähigkeit."

30 Prozent weniger Tageslicht

Ecofys, ein Beratungsunternehmen in den Bereichen Energie und Klima mit Sitz in Köln, hat sich die Belichtung von Räumen in Abhängigkeit der Fensterentwicklung angesehen. Demnach sinkt – bedingt durch höheren Rahmenanteil, verminderte Lichttransmission beschichteter Gläser und erhöhte Laibungstiefen – beim Austausch alter auf energiesparende, neue Fenster die Tageslichtversorgung um bis zu 30 Prozent.

Eine Kompensation dieses Verlustes, der zudem den Energieverbrauch für die Beleuchtung erhöht, erfolgte seitens der Baugesetze jedoch nicht. Denn im Energieausweis muss der Bedarf für Kunstlicht nicht nachgewiesen werden.

Die Bauphysik schreibt in der Regel für transparente Bauteile den Energiedurchlassgrad (g-Wert) und den Wärmedurchgangskoeffizienten (U-Wert) vor, aber keinen Kennwert für die eigentliche Funktion von Fenstern, nämlich die Qualität der Sichtverbindung und der Belichtung. Johann Gerstmann: "Ein Manko in der Planung. Tageslicht ist zwar keine nachhaltige Energie, eine suboptimale Nutzung erhöht jedoch den Energieverbrauch."

Rückbesinnung auf eigentliche Funktion

Schulen haben von jeher größere Lichteintrittsflächen als es der Mindeststandard für Wohn- und Bürobauten vorgibt. Dennoch kommt es durch den Einsatz komplexer Verglasungen dazu, dass Lichtversorgung und Tageslichtqualität deutlich beeinträchtigt werden. Der wichtige Aspekt der Energievermeidung beim Heizen und Kühlen geht nicht selten zu Lasten der Lichtversorgung und Lichtqualität. Daher bedurfte es einer gewissen Rückbesinnung, um die eigentliche Funktion von Fenstern und Verglasungen in den Vordergrund zu rücken: Sicht und Licht.

Das Österreichische Institut für Schul- und Sportstättenbau (ÖISS) hat Anfang Februar 2018 die überarbeitete Richtlinie für die Belichtung und Beleuchtung von Schulen veröffentlicht. Darin wurde die Bedeutung von Sonne und Licht für die Leistungsfähigkeit, das Wohlbefinden und die Gesundheit der in Schulen arbeitenden und lernenden Menschen als zentrales Thema verankert.

Damit entspricht man auch einem Vorschlag der EU, der besagt, dass alle Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz genauso der Verbesserung des Innenraumklimas für die Bewohner dienen sollen. Oft wurde in den letzten Jahren die Prävention gegen Überwärmung wichtiger genommen als eine gute Tageslichtversorgung.

Sonnenschutzglas reduziert Lichtversorgung

Sogar Sonnenschutzglas kommt für Klassenfenster zum Einsatz – ohne zu bedenken, dass dadurch die Lichtversorgung, aber auch die Nutzung der Sonne fürs passive Heizen auf der Strecke bleiben. Mit Sonnenschutzglas alleine lässt sich eine Klasse allerdings nicht vor Überwärmung schützen, weshalb Be- und Verschattung immer mit zu berücksichtigen sind.

Dazu kommt noch, dass Klassen bei Bedarf soweit abgedunkelt werden müssen, dass mit visuellen Medien gearbeitet werden kann. Johann Gerstmann: "Also wieso teure Gläser einsetzen, die im Winter die kostenlose Sonnenwärme nicht optimal nutzen, die Lichttransmission verringern und eine Veränderungen des Tageslichtspektrums bewirken?" Ob ein Glas das Tageslichtspektrum verändert, ist visuell meist nicht feststellbar, kann sich aber auf die biologischen Prozesse und das emotionale Empfinden des menschlichen Körpers auswirken.

Um die erforderliche thermische Behaglichkeit zu gewährleisten, kommt es einerseits auf einen möglichst niedrigen Energieeintrag untertags sowie eine gute Abfuhr der im Gebäude gespeicherten Wärme in der Nacht an. Variabler außenliegender Sonnenschutz ist die beste Methode, die Wärme vom Gebäude untertags fernzuhalten. Alle anderen Formen einer Kühlprävention, wie beispielsweise Überstände, reduzieren den Lichteinfall und sind zudem an Ost- und Westfassaden unwirksam.

Schutz vor Überwärmung, optimale Tageslichtversorgung

Bei der Planung ist aus didaktischen, betriebswirtschaftlichen, psychologischen und biologischen Gründen eine größtmögliche Ausnutzung von natürlichem Licht anzustreben. Die ÖISS-Richtlinie verfolgt einen modernen ganzheitlichen, aber einfachen Ansatz für eine gute Tageslichtversorgung und die darin enthaltenen Empfehlungen optimieren zugleich die Energiebilanz von transparenten Bauteilen.

Neben dem bedarfsgerechten Managen solarer Energie wird erstmals auch die Ressource Tageslicht mitberücksichtigt. Die ÖISS-Richtlinie zeigt, dass es keinen Widerspruch darstellt, guten Schutz vor Überwärmung und optimale Tageslichtversorgung unter einen Hut zu bringen.

www.bvst.at